In Solidarität mit Gabriel Pombo da Silva – drei seiner Texte von 2005

Gabriel Pombo da Silva, spanischer Anarchist, inhaftiert in der JVA AachenIn der Zelle des spanischen Anarchisten Gabriel Pombo da Silva in der JVA Aachen gab es in den letzten Wochen zwei Durchsuchungen. Bei der ersten wurden ihm CDs, DVDs und Postkarten mit politischen Sprüchen weggenommen, am 10. Mai kamen die Schergen der Knastleitung in Form der Schließer erneut und suchten gezielt nach einem Handy. Um zu zeigen, dass Gabriel für uns nicht vergessen ist, wir mit ihm in jeglicher Form solidarisch sind und um seine Geschichte wieder bekannter zu machen, übernehmen wir drei Texte von ihm aus dem Jahr 2005.

Zunächst ein paar kurze Sätze zu ihm und seiner Geschichte. Gabriel Pombo da Silva ist seit Juni 2004 in Deutschland in Haft, zuvor hat er in Spanien über 20 Jahren im Knast verbracht, darunter 14 Jahre in der berüchtigten FIES-Isolationshaft. Im spanischen Knast lernte er José Fernandez Delgado kennen, durch die menschenfeindlichen Bedingungen in der Iso-Haft und die damit verbundenen Knastrebellionen wurden sie politisiert. Während eines Hafturlaubs 2003 konnte Gabriel fliehen und untertauchen, er traf wieder auf José, der ebenfalls geflohen war. Am 28. Juni 2004 waren die beiden zusammen mit Gabriels Schwester Begona und dem belgischen Anarchisten Bart in Aachen in einem Auto unterwegs. Der Versuch sich einer Bullenkontrolle zu entziehen endete damit, dass es zu einer Schießerei kam und für eine kurze Zeit Unbeteiligte als Geiseln genommen wurden. Die vier wurden schlussendlich festgenommen. Der Prozess begann am 25. März 2005 in Aachen, nach 23 Prozesstagen lauteten die Urteile: José 14 Jahre, Gabriel 13 Jahre, Bart drei Jahre und sechs Monate und Begona zehn Monate auf Bewährung.

In Solidarität und Anarchie beschreibt Gabriel sein Unverständnis über die fehlende Solidarität von Seiten der linken/linksradikalen Szene in Deutschland, im Bezug auf die Verhaftung und den Prozess. Im zweiten Text beschreibt er die Gründe für sein Handeln in Aachen am 28. Juni 2004, der Tag an dem er mit José festgenommen wurde. Als drittes ist seine Prozesserklärung vom 8. Prozesstag am 20. April 2005 zu finden.

Solidarität und Anarchie

Das bedrückende Schweigen eines Teiles der sog. “Linken-Szene” schmerzt mich … Es tut mir weh, daß nach all`diesen Jahren des Kampfes und der Kompromisse, noch immer einige dieser “Salon-Revolutionäre/innen” existieren, die sich erdreisten zu sagen, unser “Fall” sei NICHT politisch … und die ignorieren, was offensichtlich ist: Unseren Kontext, sowohl politisch wie sozial und menschlich; unseren Weg; unsere Texte reflektierender Theorie; unsere gefangenen Compañer@s und/oder unsere Toten …

Traurig! Sehr traurig! Daß die Presse uns verschweigt oder uns als “gefährliche Banditen” verkauft, kann ich verstehen und sogar “akzeptieren” und mit unserem Gedecktsein und unserer Solidarität bekämpfen … Aber, daß ich mich zudem “verteidigen” muß, gegen die Ignoranz und das Unverständnis der “Linken-Szene” macht mich wütend und traurig …
Ich nehme an, es ist einfacher und bequemer, “solidarisch zu sein” gegenüber Situationen, die sich tausende von Kilometern weit weg ereignen, weil diese “Solidarität” (heuchlerische Bettelei) nicht kompromittiert und keinen “Druck” beinhaltet, oder einen (vielleicht sogar) Bruch innerhalb der verbündeten “Gruppe”, aus welcher m@n kommt … Ich empfinde eine befremdliche Scham für diese gezähmten “RevolutionärInnen” ….
So wie es einige AnarchistInnen in dem Buch ” Wir schärfen unsere Leben ” beschrieben (sic)

Der einzig mögliche Ausweg aus diesem Spektakel ist “Fluchtpunkte” (ergo: einen Bruch) zu schaffen; Momente und Räume in denen unsere Wünsche die existierende Realität einreißen. Der Umsturz des Systems wird nur fühlbar/wirklich (denn die Repression ist fühlbar/wirklich) wenn ein Bruch erfolgt; wenn es keinen Dialog gibt mit dem “politischen” Abschaum; der Polizei; den sozialen Agenten/Beamten … sondern ausschließlich Konfrontation. Wenn wir aufhören, ZuschauerInnen zu sein und zu ProtagonistInnen unserer eigenen Leben werden, ist die heute einzig dies repräsentierende Methode/Tat der Soziale Krieg; und das Feuer und die Steine und die subversive Propaganda …. m@n verhandelt nicht, es bricht los (sic)

Sichtbar und angekommen an diesem Punkt, heute in dieser Realität, geschieht es, daß die Solidarität nicht irgendetwas “Relatives” ist, oder aus “Bequemlichkeiten besteht oder opportunistischem Einvernehmen” – sondern, daß sie eine ethische Konsequenz bedeutet, die zudem “Radikalität” beinhaltet.
Das heißt, mit anderen Worten, wenn Solidarität kein Risiko enthält oder die eigene, existierende Bequemlichkeit kompromittiert, sind wir alle “solidarisch” wie Kurgäste, wie die “professionellen PolitikerInnen”; (d.h. wie jene die ein Gehalt vom Kapital-Staat beziehen, um uns im Zirkus des Parlaments zu repräsentieren) … wie die Zerstörer des politisch Sozialen ….
Wann werden wir lernen, daß kämpfen, genauso wie lieben und wie leben und frei sein, nicht immer erfreulich oder einfach ist; daß manchmal alles dies weh tut und Druck erzeugt und Bruch in uns selbst (unseren Vor-Ver-Urteilungen) und im/mit dem Existenten ?!
(….)

Wenn ein/ne Migrant/in oder Arbeiter/in oder eine Frau vergewaltigt, gedemütigt und/oder geschlagen wird, von Faschisten oder Kriminellen, ist “die ganze Welt solidarisch” mit dem “armen Opfer” und der/dem “bedauernswert Unschuldigen” … Wenn aber das unschuldige-Opfer sich verteidigt und Widerstand erhebt und zurückschlägt-oder schießt auf jene, die (vergewaltigen-demütigen und/oder schlagen) angreifen wollen, hört es auf, das unschuldige-Opfer, die “bedauernswerte Unschuld” zu sein und schon gibt es keine Solidarität mehr, denn diese Solidarität “kompromittiert zu sehr” …
Dies ist die “Logik der Inquisition” … Juristische Termini wie ” schuldig oder unschuldig” haben die “moralischen” (religiösen) Gültigkeiten angeglichen, die durch das patriarchalische System aufgezwungen werden – Nur der RECHTSSTAAT hat das Recht gewalttätig zu sein.
Die Logik der Inquisition teilt Rollen und Bühnenbilder zu, wie ein Drehbuch voll andauernder Wiederholungen; hier das Papier für den Schuldigen, dort das für den Unschuldigen und jenes für den Vermittler. Einige von diesen, voraussichtlich übernommenen, Rollen enden damit, dich auf die andere Seite der Barrikaden zu platzieren.
Solidarität bedeutet nicht einen a priori Anschluß an eine Serie von Aufständen; bei allen oder auch nur einigen Revolten von Verhafteten zu kämpfen – dies wurde niemals erbeten. Aber, ohne Zweifel, geschieht Solidarität durch das Nichtübernehmen der vom System und dem repressiven Apparat aufgezwungenen Inhalten derer Papiere .
(….)
Logischerweise kann ich nicht erwarten, daß etwas derart Folgerichtiges von jenen assimiliert wird, die glauben, daß Solidarität ein Raum “christlicher Caritas” ist, die nur die Opfer und die Unschuldigen verdienen … Wir, die Rebellen/innen bleiben die Ausgeschlossenen und sind zum Schweigen verurteilt, zur “Hölle” ….
(Welch`eine Wut!!)

Wir AnarchistInnen ziehen es vor, ohne Probleme, DelinquentInnen, Verrückte und Schuldige zu sein … subversive Rebellen/innen und frei, in allen Aspekten der Existenz.

Wir AnarchistInnen sind, auch wenn wir glauben, daß es Kampf geben muß, gegen jeglichen gedanklichen Autoritarismus. Nur wer aus wirklich eigener Überzeugung/Bedürfnis (nicht aus moralischem oder gewohnheitsmäßigem “Pflichtgefühl”) heraus handelt, wird sich frei fühlen und die tatsächliche Revolution genießen können. Wir können und wollen nicht Anderen aufzwingen, was wir wünschen und denken und wir wollen keine “Klone”; “Schafe”; keine uniformierten-und keine Einheits-SoldatInnen” – sondern individuelle Persönlichkeiten, KomplizInnen unserer Revolte, die frei und bewußt teilhaben und nicht als/wegen/ eines “theoretischen Programms”
Im Kampf gegen den Kapital-Staat sind wir alle EINS ( wie die “Drei Musketiere”: Alle für eine/n , Eine/r für Alle ) – und Niemand ist mehr oder weniger als die/der Andere. Respekt ist die Basis unseres subversiven Projektes. Jede/r von uns macht was sie/er glaubt, wünscht, denkt tun zu müssen, und nicht was andere sagen oder meinen.
Anarchie ist die direkte “Demokratie” und auf dieser Basis lehnen wir jede organisatorische oder organisierende Struktur ab, die hierarchisch-patriarchalisch und autoritär ist (wie Familie-Partei-Institution-Staat etc.)
Aber es geschieht, daß die Linke-Rechte, oder Zentren ihres Interesses, die Stereotype verbreiten, der/die Anarchist/in sei ein/e Verrückte/r oder Assoziale/r der/die alles versuche mit Bomben und Schußwaffen zu lösen …
Wir brauchen jedoch nur die offiziellen Statistiken in diesem Sinne zu vergleichen … Wieviele Personen wurden im letzten Jahr von militärischer Polizei ermordet? – und wieviele wurden von AnarchistInnen ermordet? Wieviele Personen haben wir entführt und wieviele sie (und dies “legalisierter” Weise) und wieviele haben sie noch immer in ihrer Gewalt ?
Sie hinterfragen/erörtern unsere “Gewalttätigkeit”, aber die Gewalt des Staates wird ignoriert oder, was viel schlimmer ist., als normale Logik betrachtet ….
(….)
Ich dachte gerade an den jungen Mann, den sie drei Tage lang einsperrten, weil er sich im Gerichtssaal ausgezogen hat … Auf seinem Körper stand geschrieben: “Eure Justiz frisst (oder nährt sich von) Menschenfleisch”. Ja, nicht nur von menschlichem Fleisch; auch von der Freiheit; den Träumen; dem Verstand; der Zeit; den Hoffnungen; dem Leben in all seinem Sinn…
Sicherlich hat die Macht (oder haben die Mächtigen) alle Vorteile und Mittel, um uns zu besiegen auf dem Feld der Kraft-der-Gewalt – aber, vor diesem Typus “nackter Gewalt” bleibt sie offensichtlich und entblößt ihre wirkliche, gewalttätige Natur.
Und ich glaube nicht, daß der Kampf ein rigides und uniformes Projekt sein muss. Ich glaube, daß wir alle wichtig sind und daß Jede/der kämpfen soll, in der Form und mit/durch die Mittel die sie/er für opportun erachtet und mit denen er/sie sich wohl fühlt …. Die Rebellion ist eine Lust, Licht und keine militärische “Pflicht”.
Einige von uns werden damit fortfahren, den Funken des promethischen Feuers der Rebellion zu entzünden … vielleicht werden wir eines Tages mehr sein und wenn nicht, haben wir wenigstens die Möglichkeit eröffnet, es zu versuchen …

Träumen wir das Unmögliche !!

Gabriel

(25. April 05; aus dem Gefängnis in Aachen)


“Ich wurde am 28.12.2003 in Spanien aus der Haft beurlaubt. Ich habe dann beschlossen, mich der weiteren Haft durch Flucht und Untertauchen zu entziehen. Um dies tun zu können, habe ich von vielen Genossinnen und Genossen Geldspenden erhalten und reiste fortan durch Europa, um dort Kontakte zu knüpfen und politische Veranstaltungen abzuhalten. An allen Orten erfuhr ich große Solidarität und auch finanzielle Unterstützung.

Als ich in Belgien war, beschloss ich über Deutschland weiter nach Tschechien zu reisen. Ich hatte mich entschlossen, mir ein Auto zu besorgen. Da dieses aus Sicherheitsgründen legal zugelassen sein sollte, habe ich meiner Schwester Begona Geld zukommen lassen, mit der Bitte, mir ein bequemes, schnelles Auto zu kaufen und auf sie anzumelden. Begona sollte dann das Auto nach Belgien bringen, damit wir uns auch mal wiedersehen.

Wir haben uns dann in der Folgezeit auch in Belgien getroffen und es war geplant, dass Begona mit dem Zug zurück nach Karlsruhe reisen sollte, da ich in meiner Person und der Tatsache, dass ich durch Polizei gesucht wurde, ein Sicherheitsrisiko für meine Schwester gesehen habe. Darüber entbrannte ein Streit, da meine Schwester länger bei mir bleiben wollte. Es wurde dann vereinbart, sie erst in Deutschland an einen Bahnhof hinter der Grenze abzusetzen. Konkret war an Aachen oder Köln gedacht, wobei wir gucken wollten, wo es die günstigeren Verbindungen gibt. Dies bekam auch ein flüchtiger Bekannter, den ich in Belgien kennengelernt hatte, der hier Mitangeklagte Bart de Geeter, mit und fragte mich, ob er mitfahren könne, um so Geld für die Zugfahrkarte zu sparen. Er wollte seine Freundin besuchen. Da ja nun schon meine Schwester mit im Wagen saß, willigte auch bei Bart ein, in der Hoffnung, dass wir nicht von der Polizei kontrolliert werden würden. Diese beiden Mitfahrer, also Bart und Begona, wussten jedoch bis zu den Vorfällen in Aachen nicht, dass José und ich bewaffnet sind. Über dieses Thema ist unter uns vier zu keinem Zeitpunkt geredet worden, da es diese beiden auch nichts angeht. José und ich waren bewaffnet, da wir uns auf der Flucht befanden. Von daher hatte ich auch die Perücke, um mein Äußeres zu verändern. Die andere Perücke war von einem Fest in Belgien, es war eine Indianerperücke. Mit José hatte ich in diesem Zusammenhang vereinbart, die Waffen nur zur Drohung einzusetzen und nicht auf Menschen zu schießen, diese zu verletzen oder gar zu töten. Sie waren also lediglich dazu gedacht, in einer Kontrollsituation Polizeibeamte zu erschrecken und uns die Flucht zu ermöglichen. Ich muß hier anmerken, das es in Spanien üblich ist, daß Polizisten sich sofort ergeben, wenn sie mit Waffen bedroht werden, deshalb habe ich mir ein Geschehen wie dann in Aachen nicht vorstellen können.

Wir beide, also José und ich hatten in den spanischen Gefängnissen zu viel mitgemacht, um freiwillig dorthin zurückzukehren. Ich will hier nicht im Detail zu den erlittenen Folterungen in Spanien Ausführungen machen. Ich denke dies ist auch allgemein bekannt. Erdrückend ist die Isolation in der FIES-Haft, in der man niemanden zu Gesicht bekommt und keinerlei soziale Kontakte hat. Auch ausreichende medizinische Versorgung ist bei FIES-Gefangenen, wie ich einer war, nicht gewährleistet. Zu der psychischen Zwangssituation der Isolation kommt noch die physische Folter, wie Elektroschocks, Erstickungsangst bei der Bolsa-Folter bis hin zu den sonstigen erniedrigenden Behandlungen wie z.B. die Nacktheit vor den Justizbeamten in den spanischen Gefängnissen, zu dem was wir durchmachen mussten könnte Herr Hernandez einiges sagen, er hat vieles dokumentiert. Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Foltern denen ich ausgesetzt war, kann ich gar nicht mehr sagen wann, wo was passiert ist.

Obwohl wir uns vorher mit der Möglichkeit einer derartigen Kontrolle abstrakt theoretisch auseinandergesetzt haben, sind wir beiden dann bei der Situation in Aachen spontan völlig durchgedreht und haben überreagiert. Dies insbesondere in der Situation, dass wir das Ehepaar Schulz zu uns in den Wagen geholt haben. Etwas derartiges war nie vereinbart gewesen und geschah wohl in der Überreaktion auf die dortigen Ereignisse, weil die Polizisten anders als erwartet reagierten. Im Auto habe ich dann doch versucht, die beiden zu beruhigen, in dem ich Ihnen erklärte, sie bräuchten keine Angst vor uns zu haben, wir seien Anarchisten und würden ihnen nichts tun.
Hier muss ich auch bemerken, dass an der Tankstelle Bart nicht freiwillig zu ins Auto gestiegen ist, sondern von mir dazu aufgefordert wurde, da ich ihn nicht dort bei der Polizei stehen lassen wollte. Begona habe ich in dieser Situation nicht mehr gesehen, ich wusste aber auch, daß sie mich niemals bei der Polizei verraten würde. Bei Bart war ich mir nicht so sicher, ich kannte ihn ja kaum, aber er wusste, daß Begona meine Schwester ist, damit hätte meine Identität bekannt werden können.

Während der Flucht durch die Aachener Innenstadt versuchten wir unsere Verfolger abzuhängen bzw. von einer weiteren Verfolgung abzubringen. Hierbei gab ich auch einige Schüsse schräg in die Luft ab. Jedoch – wie bereits dargelegt – nicht um irgendjemanden zu verletzen oder gar zu töten, sondern um die Polizisten von der Verfolgung abzubringen. Bei den letzten Schüssen wollte ich das Polizeiauto kaputt machen, damit sie uns nicht weiter verfolgen. Wenn man die Einschüsse beobachtet, kann man auch sehen, das ich hier nur auf Reifen und Kühler gezielt habe. Hätte ich tatsächlich, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, jemanden erschießen wollte, hätte ich an der Tankstelle die Gelegenheit gehabt, ich habe aber eben nicht auf Personen geschossen.
Ich habe auf die Reifen des verfolgenden Fahrzeugs geschossen, als dieses stand und ich auch. Keinesfalls wollte ich jemanden verletzen. Ich wollte die Verfolger abschrecken und idealerweise die Reifen zerstören. Dies ist mir auch gelungen, die Polizisten sind dann ja auch endlich geflohen.

Bei der erstbesten Gelegenheit ließen wir unsere Mitfahrer auch wieder frei. Hier wollte auch Bart abhauen. Dies hatte ich ihm dann verboten und ihn aufgefordert, weiter mit uns zu kommen. Wir flüchteten dann in die Werkstatt. Hier wurde mir dann irgendwann klar, daß wir aus dieser Situation nicht rauskommen würden. Die Situation hätte nur weiter eskalieren können, dies wollte ich nicht. Mit den Mitteln, die ich anzuwenden bereit war, wären wir nicht weitergekommen. Ich dachte, daß vielleicht Bart alleine die Chance hat wegzukommen, da nach einem einzelnen Mann die Polizei nicht suchte. Ich gab ihm daher Geld von mir und sagte ihm, er solle versuchen wegzukommen. José und ich haben dann noch einen Moment gewartet und dann die Werkstatt verlassen, um uns der Polizei zu ergeben. Dann haben wir uns auch gegen die Festnahme nicht mehr gewehrt.

Klarstellen möchte ich jedoch, dass wir nicht die Absicht haben, Banken oder etwas anderes zu überfallen, also so wie der Staatsanwalt das behauptet, war es nicht. Ich hatte genug Geld und wurde finanziell von meinen Genossinnen und Genossen unterstützt. Ich hätte es niemals riskiert, durch einen Bankraub oder ähnlichem eine erneute Festnahme und Auslieferung nach Spanien zu riskieren. Meine materiellen Bedürfnisse sind äußerst gering. Es hätte für mich also keinen Grund gegeben, derartige Überfälle durchzuführen.”

Gabriel Pombo da Silva


Gabriels Erklärung vom 8. Prozesstag, 20. April 2005

“Nur schwer kann mensch die Taten in Aachen verstehen, ohne vorher den ganzen Zusammenhang zu sehen, in welchen diese geschahen und sich entwickelten……
Um die Gründe zu verstehen, muss mensch die Gründe einer Beurteilung unterziehen.

Jedoch ist das Gericht nicht daran interessiert, dass die Gründe und Ursprünge der Taten in Aachen aufgeklärt werden. Das Gericht möchte die Angelegenheit der Anarchisten sobald wie möglich abschliessen…… Das Gericht ist nicht an DER WAHRHEIT interessiert……Oder besser gesagt, seine Interessen stossen frontal mit denen der WAHRHEIT zusammen.
Zu glauben, dass die Justiz und die Wahrheit in Tempeln oder Büchern enthalten sind, ist das selbe wie an den Mythos der öffentlichen Meinung oder der Demokratie zu glauben. Es ist das selbe wie an die “humanitären Kriege” oder “die Resozialisierung in den Gefängnissen” oder “die Gleichheit zwischen Menschen” zu glauben.

Und wie es in dem Sprichwort heisst: “Manche leben blind und sterben dumm.”

Die Zeugen, die wir zur Aussage benannt haben sind nach Meinung des Gerichtes nicht wichtig. Aber für uns macht es keinen Sinn, über die Taten zu sprechen, ohne ohne, über die blossen Handlungen hinausgehend, zu reflektieren.

Wenn Sie glauben, dass Sie mit uns machen werden, was Ihnen passt, dann irren Sie sich.
Da ich nicht die Möglichkeit eines Gerichtsverfahrens mit einem Minimum an “Unparteilichkeit” (was ist das?) habe, kann ich nur das Absurde als Ablehnung Ihrer Autorität hervorheben.
Selbstverständlich, wenn ich mich auf Unparteilichkeit beziehe, sage ich es in einem weitgehenden und konkreten Sinn.
Darf mensch in der Politik und den Medien einem Gericht diese angebliche Unparteilichkeit erlauben? Nein!! Kategorisch nein!

Wir möchten, dass das in Aachen Geschehene in diesem Sinne unparteiisch sein soll…… d.h. dass abgesehen davon, dass wir die Dinge (“alle Dinge”) auf eine Weise sehen und das Gericht auf eine andere, kann doch eine Lösung gefunden werden, damit DIE TATEN “objektiv” verstanden und analysiert werden.
Vielleicht hat das Gericht in diesem Sinne keinerlei Interesse daran, dass die WAHRHEIT, die Objektivität und die Unparteilichkeit diejenigen Gesichtspunkte sind, über die das am 28. Juni hier in Aachen Geschehene analysiert und verstanden werden soll.
Wenn das Gericht nichts zu befürchten hat und seine Justiz, wie mensch zu sagen pflegt, “blind und unbefangen” ist, weshalb werden uns diese von der Verteidigung vorgeschlagenen Zeugen zur Klärung aller Taten verweigert?
Wenn der Konsul von Spanien in Deutschland nichts zu verbergen hat und wir Straftäter oder Terroristen sind, was hat er zu verlieren?
Herr Nohl sagt, dass die Zeugen zur Aufklärung der Taten nicht relevant sind……
Wirklich? Natürlich ist es nicht wichtig für das Gericht und die Anklage.

Ich habe von Anfang an die Verantwortung für meine Taten auf mich genommen. Das Gericht kann mich dafür verurteilen, aber niemals wird es die Macht haben, mich zu beurteilen (weder ethisch, noch moralisch, noch politisch).”

You may also like...