Tod eines anarchistischen Genossen in Chile

mauricio_moralesAm 22. Mai war eine starke Explosion in der Nähe der Schule der Gendarmerie in Santiago de Chile zuhören. Verursacht wurde diese durch einen Sprengkörper, welchen Mauricio Morales, 27 Jahre alt, in seinem Rucksack dabei hatte.
Mauricio, ein aktiver anarchistischer Genosse in den dortigen Kämpfen, kommt sofort ums Leben. Die chilenischen GenossInnen vermuten, dass die Bombe für die Schule der Gendarmerie (eine Bullenkaserne) bestimmt gewesen war. In den darauffolgenden Stunden wurde das besetzte Haus “La Idea” mit Hubschraubern und von bewaffneten Spezialeinheiten umstellt und durchgesucht, um Sprengstoff zu finden. Außerdem sprachen die Behörde davon nach einem zweiten Genossen zu suchen, welcher angeblich bei der Explosion mit Mauricio zusammen gewesen sein solle. Es fanden massive Zerstörungen in den Räumlichkeiten von Seiten der Bullen statt und die GenossInnen wurden erst einmal brutal festgenommen und unter Druck gesetzt, um Aussagen zu machen, was diese aber nicht taten. Nach Stunden auf dem Bullenrevier wurden alle wieder entlassen. Aber drei GenossInnen aus Argentinien müssen sich nun täglich bei den Bullen melden. Die Zeitungen sprechen gerade von vier Haftbefehlen und von über 20 Personen, die als verdächtig gelten sollen.

Weitere Durchsuchungen fanden statt, eine im besetzten sozialen Zentrum “Sacco y Vanzetti” konnte von den Bullen nicht durchgesetzt werden, aufgrund der vielen solidarischen Menschen, die ihre Unterstützung zeigten und das Zentrum verteidigten.
Am 24. Mai fand die Beerdigung von Mauricio statt, wo viele GenossInnen anwesend waren, um dem Genossen einen letzten Gruß zu geben.
Momentan ist die Situation extrem chaotisch. Medien, Politik und Polizei sind auf der wilden Suche nach den anarchistischen BombenlegerInnen, die Luft ist sehr dick.
Sprengstoffanschläge seitens anarchistischer Gruppen oder Individuen sind keine Seltenheit in Chile und nehmen seit einigen Jahren ständig zu, oft sind sie gegen die repressiven Behörden gerichtet. Es gibt außerdem eine informelle Koordinierung anarchistischer, aufständischer, klandestiner Gruppen, die Aktionen unternehmen. Sie haben auch eine Erklärung zum Tod vom Mauricio veröffentlicht.
Es gab auch schon ein paar Antworten, um den Tod nicht unbemerkt zu lassen und zu zeigen, dass der Kampf fortgesetzt wird. Am 25.5. wurde Barrikaden in verschiedenen Straßen des Bezirks Villa Francia in Santiago de Chile angezündet. In Mexiko wurde ein Sprengkörper von einer Zelle des FLA – CPV (Animal Liberation Front – Verschwörung für die Rache) in einer Pelzmesse hinterlassen, da Mauricio Veganer war. Außerdem sind einige Leute in eine Polizeistation der Stadt Coacalco eingedrungen und haben Gegenstände sowie Radios und Computer der Polizei angezündet und anarchistische Parolen hinterlassen. In Barcelona wurde ein Kran, mit welchem die neue U-Bahnlinie gebaut wird, im Gedanken an Mauricio angezündet.

Wir veröffentlichen hier eine Erklärung des besetzen anarchistischen sozialen Zentrums “Sacco y Vanzetti” über den Tod des Genossen. Geschrieben als das Haus gegen die Durchsuchung verteidigt wurde.
Wir erkennen uns sehr stark im Geist dieser Erklärung wieder, in den Anstrebungen keinen Märtyrer schaffen zu wollen und die Trauer nach dem Tod eines Genossen in die fortgeführten Angriffe gegen das Bestehende umzuwandeln, als besten Weg einen solchen Verlust beantworten zu können. Wir denken, dass dies auch sein Wunsch gewesen wäre. Die Worte dieser Erklärung sind Worte, die unsere Herzen bewegen, genauso wie ein weiterer Verlust eines Genossen innerhalb eines Kampfes, der jeden Tag von beiden Seiten härter wird.
Im Gedanken am Mauricio, unsere Gefühle gehen an seine Verwarnten und all die GenossInnen, die gerade dem Angriff des chilenischen Staates unterworfen sind.

Weitere Infos findet ihr auf spanisch unter: www.hommodolars.org


Es ist ein Kämpfer gestorben, aber unsere Feuer geht nicht aus…

Mauricio Morales, ein Bruder für uns, ist heute morgen gestorben. Er war dabei einen Sprengkörper zu transportieren, dieser ist auf seinem Rücken hochgegangen, er hat ihn sofort getötet. Es wird angenommen, dass die unheilvolle Institution der Gendarmeriekaserne das Ziel seines Angriff sein sollte.
Er ist als Kämpfer gestorben, indem er ohne Ängste und Abstufungen jegliche Art von Macht in Angriff genommen hat. Er hat sich entschieden seinen Hass in Aktion zu verwandeln, indem er sein alltägliches Leben in einen andauernden Kampf gegen das Bestehende verwandelt hat. Veröffentlichungen, direkte Unterstützung von eingesperrten GenossInnen, Verbreitung von anarchistischer und antiautoritärer Literatur, Versammlungen für die Propaganda der Ideen sind die Messer, die er während seiner Existenz geschärft hat. Er hat versucht seinen Beitrag zur Zerstörung dieser Gesellschaft, die auf der Logik der Macht und Ausbeutung basiert, auf unterschiedliche Art und Weisen zu geben.
Die Trauer zerreißt gerade unsere Herzen, allerdings bleibt es wichtig, sich nicht herunterziehen zu lassen, nicht in Lethargie zu fallen, die aus dem Verlust eines Genossen entsteht. Wir dürfen nicht vergessen, dass er mit dem Blick an seinem Ziel gestorben ist. Und diese Sache muss uns bewegen, muss uns helfen unsere Augen zu öffnen.
Wir sind im Krieg, die Schläge werden mehr und von unterschiedlicher Art und Weise sein, aber ein/e KämpferIn ist jemand, der/die nicht aufhört, der/die nicht hinkt, der/die aus seinem/ihrem Leben eine ständige Bewältigung von Hindernissen – neben vielem weiteren – macht.
Die Rohheit des Todes schlägt uns und das Erdloch ist so groß, dass es uns viel abverlangt zu glauben, was gerade abgeht.
Der Tod oder der Knast sind nicht bloß Parolen, heute sind für uns ein Satz, der mit Blut und Feuer tätowiert ist. Aufgrund des traurigen Verlustes von Mauri reiben sich die Polizei, die Magistraten und die Presse die Hände und gehen zum Gegenangriff über, indem sie die zwei sozialen Zentren “Cueto con Andes” und “La Idea” durchsuchten. Die Gewalt der beiden Operationen überrascht uns überhaupt nicht, der Krieg wurde unternommen, ohne Beschaulichkeiten und wir nehmen das zur Kenntnis.
Die durchgesuchten besetzen Häuser befinden sich in unserem Bezirk, das Getümmel, welches von den Repressionsgruppen verursacht wurde hat uns verstehen lassen, dass ihr Ankommen bei uns auch ansteht. Trotzdessen sind solidarische GenossInnen hierher gekommen, um ihre Solidarität zu zeigen, während der gesamte Bezirk militarisiert wurde. Wir haben Widerstand geleistet und die repressiven Kräfte haben es bis jetzt noch nicht geschafft in unser Haus einzudringen, trotz der Voraussagen.
GenossInnen, wir sind uns bewusst, was demnächst passieren wird, wir wissen, dass wir sehr schwierige Tage und Monate vor uns haben. Aber wir wissen auch, dass die Trauer und der Schmerz wegen dem Verlust unseres Bruders uns nicht paralysieren wird.
Wir betonen nochmal, dass er im Kampf gestorben ist, dass die Offensive unterschiedliche Formen hat.
Wir appellieren an die Tatsache, dass die schöne Flamme seines anarchistischen Herzens sein unwiederbringlicher Wunsch nach die Vernichtung dieser Realität verbreiten wird.
Sein Körper liegt nun gefangen in den Händen der Polizei und seiner SöldnerInnen, aber die Energie seines Lebens bleibt unter uns, bei den GenossInnen, die mit ihm und auf unterschiedliche Art und Weise sich gegen alles, was uns in Sklaven verwandeln will, auseinandergesetzt haben bzw. auseinandersetzen.
Angeregt bedanken wir uns wegen der ehrlichen Unterstützung der solidarischen GenossInnen, genauso wie wir ins Gesicht derjenigen spucken, die aus ihren Leben bloß eine statische Kritik machen, beschützt von Bequemlichkeiten und Ehrfurcht.
Mut, GenossInnen, und auf der Hut sein!
Sie werden auch hierher kommen, früher oder später, da haben wir keine Zweifel daran. Was aber wichtig ist, ist dass sich die gnadenlose Kritik an der gegebenen Ordnung verstärken wird und sich wie die schwarze Pest (schwarze Pest: das wäre der Name des als nächstes anstehenden Verlagsprojekt unseres Bruders Mauri gewesen) verbreiten wird. Das rächende Feuer unserer Genossen gibt uns die Kraft, um die Existenz in einer dauerhaften Auseinandersetzung halten zu können.
Für dich Mauri, eine kräftige Umarmung und hab keine Zweifel: wir werden weiter für die Zerstörung der Macht kämpfen. Du bist mit uns, wir fühlen hier dein Lächeln und deine Kraft. Auf dem Dach unseres Hauses posierend, an die Horizont schielend….niemals besiegt, noch bereuend.

Besetztes soziales Zentrum und Bibliothek Sacco y Vanzetti,
22. Mai 2009, Santiago de Chile.

“Lasst uns unsere Trauer in Zorn
und unseren Zorn in schwarzes Pulver verwandeln”
*

*das Motto eines Transparentes, das von solidarischen GenossInnen erstellt wurde.


 

 

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