Brief des griechischen Anarchisten Ilias Nikolau aus dem Knast

In der Nacht zum 13.1.09 explodierte ein Brandsatz, welcher aus Benzin und Gasflaschen bestand, vor dem Eingang der Polizeiwache Evomos (Thessaloniki) und beschädigte die Fenster und die Lüftungsanlage. Kurz danach verhaftete die Polizei den 26-jährigen Ilias Nikolau, wohnhaft in der näheren Umgebung der Polizeiwache.
Ilias war zusammen mit Dimitra Sirianou und Kostakis Halazas über ein Jahr auf der Flucht in der Folge der Ermittlungen gegen Vaggelis Botzatzis (aufgrund verschiedener Brandanschläge). Vaggelis wurde am 13.10.08 freigelassen. Am 14.11.08, während der Unruhen aufgrund des Hungerstreiks in griechischen Knästen, stellten sich die drei Gesuchten in einer Polizeiwache in Thessaloniki. Begleitet wurden sie dabei von über hundert GenossInnen. Am folgenden Tag entschied der Richter sie bis zum Prozess freizulassen.
Nun wurde Ilias angeklagt wegen „Explosion” (Schwerverbrechen), „Herstellung” und „Mittäterschaft” (Vergehen). Weder erkennt Ilias die Anschuldigungen an, noch gibt er zu „auf frischer Tat ertappt worden zu sein“. Bei der Durchsuchung der Wohnung seiner Eltern und an seinem Arbeitsplatz wurde nichts gefunden und noch weniger von den 30 Bullen, die das Haus seiner Großmutter in der Nähe von Thessaloniki stürmten.
Ilias wurde in den Knast Amfissa gebracht, dies ist ein Brief, den er schrieb:

„Am Morgen des 13.1.09 wurde ich im westlichen Teil von Thessaloniki verhaftet, aufgrund der Anschuldigung eine Explosion vor dem Kommissariat der lokalen Polizei verursacht zu haben. Das passierte genau ein Jahr nachdem eine unglaubliche Anklage gegen mich und drei meiner GenossInnen im November 2007 erhoben wurde. Diese Anklage hat einen von uns in den Knast gesteckt und drei weitere zur Flucht gezwungen. Damit begann die Hexenjagd. Wir haben einen ziemlich heißen Dezember erlebt und eine Situation, die das klare Fehlen des sozialen Komforts aufgezeigt hat. Sozialen Komfort gibt es nur in der Einbildung derjenigen, die es nicht verstehen, dass die Realität durch einen andauernden Bürgerkrieg geprägt ist. Mit den RevolutionärInnen auf der einen Seite, die gegen dieses demokratische Ungeheuer rebellieren. Zorn hat den Platz der Angst eingenommen und anstelle der Zustimmung ist die Negation getreten. Der Monat Dezember hat den Unterschied zwischen denjenigen, die Macht ernähren, verteidigen und aufrechterhalten und denjenigen, die sie bekämpfen verdeutlicht, als ein Zeichnen der kommenden Zeiten.
Jetzt ist aber nicht die Zeit, um mit Nostalgie auf die Asche zurückzublicken, welche der Aufstand auf seinem Weg hinterlassen hat. Wir müssen die Zeichen der Gegenwart und der Zukunft verstehen und aussprechen. Die Zeichen, die schon existieren und die, die noch kommen werden. Die Zeichen eines unnachgiebigen sozialen Krieges. Wenn wir möchten, dass die Momente der Negation, Revolte und Würde gelebt werden, müssen wir unsere Hände sowie unsere Wünsche aufrüsten, entschlossen und organisiert. Ich widersetze mich denjenigen, die denken, dass Demonstrationen und friedliche Proteste einen Unterschied machen werden, weil sie schon tot sind. Sie schleppen ihre Körper die Straßen entlang, innerhalb der Gewerkschaften und in den luxuriösen Büros ihrer Chefs.
Ich nehme den Platz an der Seite derjenigen ein, die von der Würde inspiriert werden und ich schließe mich denjenigen an, die den unverwechselbaren Willen der Zerstörung dieses gigantischen Friedhofs fühlen. Der Knast ist ein zusätzlicher Schritt zur Rebellion. Ein Schritt in Richtung der Inhaftierung. An alle diejenigen, die denken mich beseitigt zu haben, die denken uns beseitigt zu haben…für mich und meine GenossInnen funktioniert es genau andersherum! Weil so lange es Gefangene des Krieges geben wird, werden wir weiterkämpfen.

Ich übersende eine warme und rebellische Umarmung allen meinen GenossInnen und RevolutionärInnen in aller Welt.
Freiheit für alle Gefangenen des Aufstandes.
Freiheit für Yannis Dimitrakis, Polis Georgiadis und Giorgos Voutsi-Bogiatsis sowie alle Geiseln der Demokratie.

Ilias Nikolau, Knast Amfissa, 19.1.09

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