Verfahren gegen Antifaschistin in zweiter Instanz: Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung

Antifaschistische Praxis Verteidigen!
Solidarische Prozessbegleitung im Kontext der Gegenproteste zum Rudolf-Heß-Marsch 2018

Kundgebung Montag 5.10. 12:00, Turmstr. 91,
Verhandlung 13:00 im Raum B306

Am 18. August 2018 wurden 700 Nazis von rund 2.300 Polizist*innen durch Berlin eskortiert um ungestört Hitlers Stellvertreter, Rudolf Heß, gedenken zu können. Um dies zu verhindern, beteiligte sich ein*e Antifaschist*in an einer Blockade auf der Landsberger Allee.

Nach einem Freispruch vor dem Amtsgericht im letzten Jahr steht sie* nun wieder vor Gericht. Da die Staatsanwält*innenschaft in Berufung ging, wird sie* weiterhin beschuldigt gegen das Versammlungsgesetz verstoßen und Widerstand geleistet zu haben. Die Anklage folgt dem simplen Schema das brutale Vorgehen der Polizei gegen linken Protest durch Anzeigen wegen vermeintlichen Widerstandes zu rechtfertigen und so Polizeigewalt unsichtbar zu machen. Dementsprechend sind auch nur Polizeizeugen geladen.

Der Versuch ein Exempel zu statuieren scheiterte aufgrund einer offensiven & politischen Prozessführung, “vergesslichen” Polizeizeugen und eindeutigen Videoaufnahmen. Während die prozessführende Staatsanwältin für Straffreiheit plädierte und nicht vor hatte in Berufung zu gehen, haben sich ihre Vorgesetzen offenbar anders entschieden und taten genau dies.

Diese Vorgehensweise der Staatsanwält*innenschaft (StA) überrascht in anbetracht neuster Enthüllungen wenig, denn kein anderer als Oberstaatsanwalt Matthias Fenner hat die Berufung, gemeinsam mit seinem Kollegen Uwe Storm, gegen die* Antifaschist*in eingelegt. Vor Kurzem sah sich die Generalstaatsanwält*innenschaft gezwungen, Oberstaatsanwalt und Leiter der Staatsschutzabteilung Fenner aufgrund seiner mutmaßlich ideologischen Nähe zur AfD zu versetzen und ihm so die Zuständigkeit für politische Verfahren zu entziehen. Dieser soll gegenüber einem Hauptverdächtigen in der Neuköllner-Anschlagsserie in einem Privatchat geäußert haben, dass sich dieser keine Sorge machen müsse, denn er stehe auf “seiner Seite” und wähle auch die AfD. Ebenfalls versetzt wurde Staatsanwalt Storm, welcher Kenntnis von diesem Chatprotokoll hatte, jedoch keine Notwendigkeit sah, gegen seinen Vorgesetzten vorzugehen. Seit Jahren sind in Neukölln People of Color und linke Aktivist*innen von rechtsmotivierten Brandanschlägen, Drohbriefen und Ähnlichem betroffen. Die Verstrickungen der staatlichen Institutionen im Neukölln-Komplex werden immer deutlicher – nicht nur die der Polizei, sondern auch die der Justiz. Die StA fällt folglich nicht nur durch die Kriminalsierung linker Proteste auf, sondern auch durch die fehlende Aufklärung der rechten Anschlagsserie in Neukölln.

Doch wir werden uns nicht einschüchtern lassen, sondern solidarisch und dadurch widerständig sein. Denn antifaschistischer Protest in allen Formen ist notwendig und legitim. Daher möchten wir alle aufrufen, sich an den Protesten am 3. Oktober zu beteiligen. Dieser Tag ist traditionell den wiedergutgewordenen Deutschen vorbehalten, die 75 Jahren nach Kriegsende glauben, es sei wieder Zeit “stolz” auf Deutschland zu sein. Aber die “Mitte” der deutschen Volksgemeinschaft ist nicht allein. Auch die rechtsextreme Partei ‘Der III. Weg’ mobilisiert nach Hohenschönhausen um dort unter dem Motto “Ein Volk will Zukunft” zu marschieren. Durch den selben Bezirk sind vor zwei Jahren auch die Heß-Verehrer*innen gelaufen.

Trotz der Repression gehen wir weiterhin auf die Straße und werden uns auch am 3. Oktober den Nazis in den Weg stellen. Wir werden weiter protestieren, sei es gegen die Anschläge in Neukölln, gegen Staatsanwälte vor denen AfD-Mitglieder “nix zu befürchten brauchen” und gegen den parteilichen Faschismus des III. Wegs!

Ob auf der Straße oder im Gericht – lasst uns solidarisch zeigen, dass niemensch alleine bleiben muss. Aufgrund des Infektionsschutzes sind leider nur eine geringe Anzahl an Prozessbeobachter*innen im Gerichtssaal zugelassen. Deshalb wird am 5.10. um 12 Uhr draußen vor dem Landgericht Tiergarten in der Turmstr. 91 eine Kundgebung stattfinden.

Widerstand – immer und überall – gegen rechte Netzwerke und faschistisches Gedankengut innerhalb und außerhalb staatlicher Institutionen!